Nährstoffe: Steuerung des Stoffwechsels
Aus den Nährstoffen in unserer Nahrung werden die Rohstoffe und die Energie für die Aktionen in unseren Zellen gewonnen. Über biologische Signalwege kann die Steuerung dafür beeinflusst werden.
Die Zellen sind die winzigen Bausteine unseres Körpers, und trotz der geringen Größe geht in jeder Zelle bemerkenswert viel vor sich. Die molekularen Maschinen in der Zelle erledigen verschiedene Aktionen, wie z.B. Bauen, Bewegen und Erzeugen von Energie. Für diese Arbeiten benötigt die Zelle Rohstoffe und Energie, welche sie aus den Nährstoffen in der gegessenen Nahrung gewinnt. Von diesen Nährstoffen sind manchmal mehr und manchmal auch weniger verfügbar als benötigt werden. Unsere Zellen verfügen daher über ein molekulares Netzwerk, welches den Nährstoffgehalt misst, und damit als Beschleuniger oder als Bremse für die zellulären Maschinen dienen kann.1
Bestimmte Proteine können beeinflussen, dass Teile der DNA stärker oder weniger stark transkribiert werden. Solche Proteine nennt man daher "Transkriptionsfaktoren". Diese Transkriptionsfaktoren können entweder direkt an die DNA binden oder auch an andere Proteine.2 Es ist also möglich, dass ein Protein das nächste beeinflusst, und dieses wiederum ein weiteres. Dadurch kann eine Reihe von Interaktionen zwischen Molekülen in einer Zelle entstehen, die zu einer bestimmten Veränderung in der Zelle führen. Eine solche Reihe von Interaktionen nennt man "biologischen Signalweg" (englisch "biological pathway").3
Es gibt viele solche Signalwege in unseren Zellen, welche im Laufe der Evolution entstanden sind. Dabei sind vor allem vier Signalwege zur Steuerung des Stoffwechsels (Metabolismus) bemerkenswert: Die beiden anabolischen Signalwege "IIS" und "mTOR" erfassen zu hohe Nährstoffwerte. Die beiden katabolischen Signalwege "SIRT" und "AMPK" erfassen zu niedrige Nährstoffwerte.4
Die Fähigkeit unserer Zellen, den Nährstoffgehalt zu messen und entsprechend darauf zu reagieren, ändert sich jedoch im Laufe der Zeit.
Deregulierte Nährstoffmessung ist daher eines der neun "Kennzeichen des Alterns". 5 Als Lösung wird diätetische Einschränkung, Hemmung von IIS und mTOR, Aktivierung von AMPK und Sirtuinen vorgeschlagen. 6
IIS-Signalweg
Beim sogenannten "IIS-Signalweg" ("Insulin- und IGF-1-Signalweg", wobei IGF-1 für Insulinähnlicher Wachstums-Faktor-1 steht, englisch "Insulin and Insulin-Like Growth Factor") handelt es sich um den am besten erhaltenen alternskontrollierenden Signalweg in der Evolution.7
Am Ende des IIS-Signalwegs stehen unter anderem die die Transkriptionsfaktoren der FOXO-Familie, zu denen vor allem auch das FOXO3-Protein (Forkhead-Box-Protein O3) gehört. Das FOXO3-Gen wird in der Presse häufig als Alters-Gen, Greisen-Gen oder Methusalem-Gen bezeichnet,8 weil gezeigt werden konnte, dass bestimmte Varianten dieses Gens (SNVs "rs12206094" und "rs4946935") mit der Langlebigkeit von Menschen zusammenhängen. In Auswertungen des genetischen Codes von sehr alten (über 100-jährigen) Personen auf der ganzen Welt konnten diese Varianten im FOXO3-Gen besonders häufig nachgewiesen werden.9
Den IIS-Signalweg gibt es nicht nur in menschlichen Zellen. In Modellorganismen (z.B. dem Fadenwurm C. Elegans ) konnte die Lebenserwartung deutlich erhöht werden, indem das DAF-2 Gen zerstört wurde und dadurch die Aktivität von DAF-16 erhöht werden konnte. Dies entspricht dem Insulin/IGF-Rezeptor und dem FOXO-Gen beim Menschen.
mTOR-Signalweg
Der mTOR-Signalweg reguliert das Zellwachstum, die Gewebsvermehrung (Proliferation), die Beweglichkeit (Motilität) und das Überleben. Außerdem reguliert er auch die Neubildung von Proteinen (Synthese), die Zellreinigung und Zellregeneration (Autophagie) und Transkription. Dieser Weg wirkt als molekularer Schalter, um das Zellwachstum und die Zellproliferation als Reaktion auf Nährstoffe zu regulieren.
Sowohl die Aktivierung als auch die Hemmung des mTOR-Signalwegs haben sowohl Vorteile als auch Nachteile. Einerseits wird die Energieerzeugung und Leistung durch die Aktivierung erhöht, andererseits werden dabei aber auch Abfallprodukte produziert, was negative Auswirkungen auf eine lange Lebenszeit hat. Die Hemmung des mTOR-Signalwegs verbessert die Insulinsensitivität und fördert die Zellregeneration (Autophagie). Wir müssen also ein Gleichgewicht zwischen der Aktivierung und Hemmung des mTOR-Signalwegs finden.10
AMPK-Signalweg
AMPK ist ein Enzym und steht für Adenosinmonophosphat-aktivierte Proteinkinase (englisch Adenosine Monophosphate-Activated Protein Kinase). Enzyme sind Stoffe, welche eine chemische Reaktion in den Zellen beschleunigen kann. Die Aktivierung von AMPK stimuliert sowohl die Zellregeneration als auch die Hemmung von mTOR. Eine Steigerung der AMPK-Aktivität führt dazu, dass die Gewebe jung bleiben und der gesamte Körper langsamer altert. Man kann dies z.B. durch eine kalorienreduzierte Lebensweise erreichen oder regelmäßige Bewegung und Training.11
Sirt-Signalweg
Sirtuine sind Reparaturenzyme, die unseren Alterungsprozess verlangsamen können. Sie sind Teil eines evolutionären Programms, welches uns dabei hilft, in Gefahrensituationen unsere Überlebenskräfte zu mobilisieren. Sie werden vermehrt gebildet durch Kalorienrestriktion im Rahmen des Fastens und durch die Aufnahme gewisser sekundärer Pflanzenstoffe. Wenn wir es schaffen, die Sirtuine möglichst häufig zu aktivieren, fördern wir die Regeneration des Körpers.12
Der Name Sirtuin leitet sich vom Gen Sir2 (silent mating type information regulation 2) aus Hefe ab, das für die zelluläre Regulation verantwortlich ist.13 Beim Menschen gibt es sieben Isotypen (mehrfach im Genom vorkommenden Gene, die eine sehr ähnliche Funktion haben), welche mit den Namen "Sirt-1" bis "Sirt-7" bezeichnet werden, und die an unterschiedlichen Orten in der Zelle lokalisiert sind.14 Das Molekül NAD ist in unseren Zellen erforderlich für die Aktivität der Sirtuine.15
- zum Artikel: Rapamycin (mTOR)
- zum Artikel: NAD (NR, NMN)
- zum Artikel: Resveratrol
- zum Artikel: Warum altern wir?
- zum Artikel: Die Zelle
- nächster Artikel: Interzelluläre Kommunikation
- nach oben: Wissen
- zur Hauptseite
1 https://youtu.be/x6L7dOYuDSQ?t=45
2 https://de.wikipedia.org/wiki/Transkriptionsfaktor
3 https://en.wikipedia.org/wiki/Biological_pathway
4 https://youtu.be/SJUyGYtVRKw?t=166
5 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3836174/#S20title
6 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3836174/#S39title
7 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3836174/#S20title
8 https://de.wikipedia.org/wiki/Forkhead-Box-Protein_O3
9 https://en.wikipedia.org/wiki/FOXO3#Association_with_longevity
10 https://youtu.be/SJUyGYtVRKw?t=186
11 https://www.youtube.com/watch?v=2eTAdxsWs7E
12 https://youtu.be/aI1z4U7WS2Q?t=708
13 https://de.wikipedia.org/wiki/Sirtuine
14 https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-072018/auf-dem-weg-zum-jungbrunnen/
15 https://youtu.be/NW8IxtCundY?t=237